"Alternative Wertschöpfungsketten erhöhen die Produktionskapazitäten für MIM in Europa"

BASF und OECHSLER sind langjährige Geschäftspartner in den Bereichen Kunststoffspritzguss, Additive Fertigung und seit neuestem auch für die bei OECHSLER neu angesiedelte Metallspritzgussproduktion (MIM). Dr. Sven Fleischmann ist seit zwölf Jahren Teil der BASF-Gruppe und leitet seit 2021 den Vertrieb von Catamold – dem Ausgangsmaterial für MIM. Er gibt einige Einblicke in die Zukunft von Metal Injection Molding.

Interview mit Dr. Sven Fleischmann, Head of Sales Metal Systems Europe BASF

Was ist Metal Injection Molding (MIM)?

Catamold® ist ein gebrauchsfertiges Ausgangsmaterial für den Metallspritzguss (MIM). MIM ist eine endkonturnahe Metallumformungstechnologie, die Potenzial bei hohen Toleranzen und einer guten Wirtschaftlichkeit bietet. Für die Formgebung werden gebräuchliche Spritzgussmaschinen verwendet, in Hohlräume gespritzt wird, um den sogenannten „Grünling“ zu erhalten. In den nachfolgenden Beitungsschritten wird das Polymerbindemittel katalytisch entfernt, um den "Braunling" zu erhalten, der schließlich bei hohen Temperaturen bis zur vollen Dichte gesintert wird. So entsteht das endgültige Metallteil. Das Catamold®-Verfahren hat sich in einer Vielzahl von Branchen wie der Automobilindustrie, dem Gesundheitswesen, der Unterhaltungselektronik und anderen erfolgreich bewährt.

Können Sie uns bitte etwas über den Weg der BASF zum Metallspritzguss erzählen - wann sind Sie dieser Technologie zum ersten Mal begegnet, wann und wie haben Sie ihr Potenzial erkannt und sich dafür begeistert?

Die BASF ist seit mehr als 80 Jahren ein renommierter Pulverhersteller (Carbonyl Iron Powder, CIP). CIP wurde als vielseitiger Rohstoff für die Herstellung von MIM-Rohstoffen entdeckt und BASF bediente diesen Markt. Alle damals verfügbaren Rohstoffe basierten auf Lösungsmittel-Entbindersystemen (Wasser oder organisch). Die Entbinderung mit Lösungsmitteln ist jedoch ein langsamer Prozess, der nicht ohne weiteres skalierbar ist und viele technische Tücken aufweist. Die BASF erkannte, dass ein schnelleres und technisch umfassenderes System für die MIM-Technologie entwickelt werden musste, um deren Vorteile vollständig auszuschöpfen.  Vor 30 Jahren führte die BASF das katalytische Entbinderungssystem auf POM-Basis ein, das unter dem Markennamen Catamold® vertrieben wird. So erlebte MIM ein enormes Wachstum in einer Vielzahl von Industrien und wurde zur Technologie erster Wahl für Produkte der Unterhaltungselektronik (Smartphones, Smartwatches usw.). Dieser Erfolg war ein Ausgangspunkt für die Ausweitung auf andere Großindustrien wie die Automobilindustrie. Die Technologie wächst nun in Europa um das Dreifache, da sich Kunden, Unternehmen und Markeninhaber mehr und mehr auf lokale Liefer- und Produktionskapazitäten verlassen.

Die BASF gehört zu den Wunschpartnern, wenn es um MIM - Materialien geht. Können Sie die Vorteile und Besonderheiten der BASF-Materialien näher erläutern?

Dies lässt sich am besten durch ein Dreieck von Schlüsselkompetenzen beschreiben: 1) Team: Wir verfügen über kompetentes, gut ausgebildetes und geschultes Personal mit hoher Motivation und Engagement für die Kunden und die Branche. 2) Innovation: Die BASF hat nicht nur das moderne Rohstoffsystem auf der Basis der katalytischen Entbinderung erfunden, sondern entwickelt auch ständig neue Produkte und Verfahren. Mit unseren "motion grades" haben wir eine neue Produktlinie mit vielen Vorteilen für Anwendungen im Automobilbereich eingeführt. Unser Engagement im Bereich des Metall-3D-Druck wird einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen Entwicklung von MIM zu leisten. 3) Prozessverantwortung: BASF ist stolz darauf, die MIM-Industrie auf einer breiten Basis zu bedienen. BASF ist ein renommierter Hersteller von Metallpulvern mit langjähriger Erfahrung, verfügt über das Formulierungs-Know-How und die Ausrüstung für die Produktion von MIM-Rohstoffen sowie über Anwendungsexpertise und Labore, um Kunden vom Prototyping bis zur Massenproduktion zu unterstützen. Der Dreiklang der oben genannten Vorteile ist das entscheidende Unterscheidungsmerkmal der BASF, um nachhaltige Lösungen für die MIM-Industrie anzubieten.

Für die kommenden Jahre ist ein kontinuierliches Wachstum der MIM-Technologie in Europa zu erwarten. Automobil-OEMs und Zulieferer haben MIM in ihren Werkzeugkasten der Produktionsmethoden für ausgewählte Teilegruppen aufgenommen. Der Trend zum Aufbau alternativer Wertschöpfungsketten ist deutlich erkennbar und wird zu einem erhöhten Bedarf an MIM-Produktionskapazitäten in Europa führen.

Sven Fleischmann
Head of Sales Metal Systems Europe BASF

MIM-Prozesse werden branchenübergreifend eingesetzt, von der Automobilindustrie über das Gesundheitswesen bis hin zu industriellen Lösungen. Wie erfüllt das BASF-Materialportfolio die geforderten Standards für die spezifischen Materialien?

Das MIM-Geschäft der BASF ist nach mehreren ISO-Normen zertifiziert. Die Qualitätsmanagement-Strategie orientiert sich an den Anforderungen der Industrie, und spezifische Industrieanforderungen werden durch zusätzliche QM-Maßnahmen berücksichtigt. So hat die BASF das Qualitätsmanagement des MIM-Geschäfts auf die Bedürfnisse des Automobilsektors ausgerichtet und wesentliche Elemente wie APQP oder GageRR implementiert.

Was sind die Erwartungen der BASF in Bezug auf MIM in den kommenden Jahren, und auf welche Segmente sind Sie besonders gespannt?

Für die kommenden Jahre ist ein kontinuierliches Wachstum der MIM-Technologie in Europa zu erwarten. Automobil-OEMs und Zulieferer haben MIM in ihren Werkzeugkasten der Produktionsmethoden für ausgewählte Teilegruppen aufgenommen. Der Trend zum Aufbau alternativer Wertschöpfungsketten ist deutlich erkennbar und wird zu einem erhöhten Bedarf an MIM-Produktionskapazitäten in Europa führen. Es wird eine spannende Reise, mit allen Beteiligten zusammenzuarbeiten, um dieses Wachstum zu realisieren. MIM wird mit vielen Chancen und Herausforderungen konfrontiert sein und muss eine Vorreiterrolle spielen, um die Branche erfolgreich in eine nachhaltige Zukunft zu führen.BASF und OECHSLER arbeiten schon seit langem zusammen. 

Können Sie aus Ihrer Sicht beschreiben, was OECHSLER einzigartig macht?

OECHSLER ist innerhalb der gesamten BASF-Gruppe als leistungsstarker Partner der Automobilindustrie anerkannt. OECHSLER verfügt über eine hohe Innovationskraft, exzellentes Prozess-Know-how und einen Pool von talentierten MitarbeiterInnen. Mit seinen technischen Fähigkeiten, die von der Kunststoffumformung über die Keramik- bis hin zur Metallteileproduktion reichen, wird OECHSLER in der Lage sein, sich erfolgreich auf dem Markt zu differenzieren und einzigartige Lösungen für seine Kunden zu erarbeiten.


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